Wie Frauen in den Medien dargestellt werden, hat mit der Realität oft wenig zu tun.
Zum einen sind Frauen unterrepräsentiert. Auf eine Frau, die in Deutschland im Fernsehen zu sehen ist, kommen zwei Männer. Besonders selten sind ältere Frauen zu sehen: Im non-fiktionalen Unterhaltungsfernsehen, in das auch der Journalismus fällt, kommen auf eine abgebildete Frau jenseits der 50 acht Männer. Auch im Kinderfernsehen kommen Frauen besonders selten vor: Dort ist nur eine von vier Figuren weiblich. All das hat eine Studie der Malisa-Stiftung gezeigt.
Zum anderen sehen wir in den Medien nicht nur weniger, sondern auch andere Frauen als in der Realität. Frauen, die in den Medien vorkommen, sind überdurchschnittlich oft sehr schlank. In animierten Formaten im Kinderfernsehen haben drei Viertel aller weiblichen Charaktere Körper, „die auf natürliche Weise nicht erreichbar sind“.
Oft werden Frauen in den Medien auch in bestimmte weibliche Stereotype gepresst. Im Fernsehen kommen sie oft im Kontext von Beziehung und Partnerschaft vor, also beispielsweise in der Rolle der liebevollen Ehefrau und Mutter. In den sozialen Medien sehen wir Frauen vor allem im privaten Raum und wenn es um Schminktipps oder Hobbys wie Basteln, Nähen und Kochen geht. Auch in den Printmedien werden Frauen vor allem stereotypisch dargestellt und zum Beispiel nur selten im Zusammenhang mit Themen wie Technik und Naturwissenschaften.
Das muss sich ändern.
Denn wegen der fehlenden oder stereotypen Darstellung von Frauen in Medien fehlt es an diversen Vorbildern für alle.
Wenn Kinder regelmäßig mit einer bestimmten Darstellung der Realität konfrontiert werden, fassen sie sie als Norm auf. Das gilt auch für die Darstellung von Frauen. Wer immer nur schlanke, verheiratete Mütter sieht, geht irgendwann vielleicht davon aus, dass Frauen genauso und nicht anders sind. Kinder lernen Geschlechterrollen auch aus Medien. So kann die dargestellte Welt teilweise zur Realität werden.
Deswegen gibt es dieses Projekt.
gretchenfragen möchte Raum für Frauen schaffen. Das Projekt will echte und ganz unterschiedliche Lebensgeschichten zeigen und damit inspirieren und deutlich machen, wie viele tausend Facetten das Leben hat – und wie viele verschiedene Pfade Menschen gehen können.
Warum heißt das Projekt gretchenfragen?
Eine Gretchenfrage ist eine, die nach dem Kern einer Sache fragt. Die gestellt wird, um herauszufinden, wie ein Mensch tickt. Genau solche Fragen möchte ich in diesem Projekt den Protagonistinnen stellen, um ihnen und ihren Geschichten nahzukommen.
Gleichzeitig hat der Name noch eine zweite Bedeutung. Denn bei gretchenfragen passiert genau das, was der Name schon sagt: Ich stelle Frauen Fragen. Zu ihrem Leben, ihren Entscheidungen, ihren Wünschen. Ich stelle Fragen und höre zu und dann schreibe ich auf, wie Frauenleben wirklich aussehen.
Das Projekt ist im Rahmen einer Masterarbeit im Studiengang „Multimedia & Autorschaft“ an der Uni Halle entstanden.
Und wir brauchen noch viele, viele ähnliche Projekte.
Es fehlt nicht nur Frauen an Repräsentation, sondern auch nicht-binären Menschen, People of Color, LGBTQI+-Personen, Menschen mit Behinderung und anderen marginalisierten Gruppen, die medial kaum oder vor allem als Klischees vorkommen. Und auch Männer werden medial in bestimmte Stereotype gedrängt. Wir brauchen also von allen Seiten mehr Facetten und echte Lebensgeschichten in den Medien.
Diese Probleme sind nicht weniger drängend und brauchen dringend Engagement, auch aus dem Journalismus. Aus Kapazitätsgründen konzentriert sich „gretchenfragen“ dennoch auf die Repräsentation von Frauen in den Medien. Zumindest vorerst.